Sowohl bei der Planung als auch bei der Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen (zum Beispiel der Neubau eines Brückenbauwerks oder die Verlängerung einer Straßenbahnstrecke) sind rechtliche Vorgaben hinsichtlich des Natur- und Umweltschutzes zu beachten. Daher sind meine Kollegin und ich mit unserem Tätigkeitsfeld aus Querschnittsaufgaben zwar im Referat 22 „Infrastrukturentwicklungen Dritter und Umweltangelegenheiten“ angesiedelt, wir arbeiten aber mit allen Fachabteilungen des Amts für Straßen und Verkehr zusammen. Nicht nur mit den „bauenden“ Abteilungen 2 (Entwurf und Neubau von Straßen), 4 (Straßenerhaltung) und 5 (Brücken- und Ingenieurbau) haben wir einen kontinuierlichen Austausch, sondern auch mit der Abteilung 1 (Verwaltung), wenn es beispielsweise um Flächenverfügbarkeiten und Grunderwerb oder Vertragsangelegenheiten geht.
Besonders interessant finde ich die Planung neuer Maßnahmen. Im Vorfeld der Genehmigungsverfahren werden verschiedene Erhebungen, wie beispielsweise eine Abschätzung möglicher Vorkommen planungsrelevanter Tier- und Pflanzenarten aufgrund der Biotopausstattung des Untersuchungsgebietes vorgenommen. Anschließend werden hieraus Unterlagen wie landschaftspflegerische Begleitpläne oder artenschutzrechtliche Fachbeiträge erstellt. Hierbei ist ein ebenso breites wie auch spezifisches Wissen in verfahrensrechtlichen Angelegenheiten und dem Naturschutzrecht gefordert. Und natürlich ein Gespür für Möglichkeiten und Grenzen bei zum Teil gegenteiligen Interessenlagen.
Um allen Anforderungen gerecht zu werden, begleiten wir Infrastrukturmaßnahmen im Idealfall von Beginn an, stehen im regen Austausch mit der Naturschutzbehörde und achten darauf, dass Vorhaben so naturverträglich wie möglich geplant und gebaut werden.
Für den Arbeitsbereich „Planung“ liegt unser Fokus auf der Bestandsaufnahme der vorhandenen Flora und Fauna, um gemäß des „Vermeidungsgebots“ darauf zu achten, die Eingriffe in Natur und Landschaft so gering wie möglich zu halten. So kann es vorkommen, dass eine geplante Trasse abgeändert wird, um auf versiegelte Flächen statt Gehölzbewuchs auszuweichen oder aber für die Bauausführung eine sogenannte „Vor-Kopf-Bauweise“ vorsieht, um möglichst wenig Arbeitsraum zu beanspruchen. Wenn Bäume zu fällen sind, geschieht dies im Winter, um artenschutzrechtliche Konflikte zu vermeiden.
Die Baumaßnahmen selbst müssen dann naturschutzfachlich begleitet werden, das heißt, dass während des Baus nichts passiert, was nachhaltig schlecht für die Natur ist (ein simples Beispiel: Bauzaun um Gehölzfläche oder Bäume). Dafür treffen wir Vorkehrungen oder beauftragen eine Umweltbaubegleitung.
Sollte es unvermeidbar sein, dass durch die Infrastrukturmaßnahme einschneidend in die Natur eingegriffen wird, so müssen wir ihr etwas zurückgeben: Ausgleichsmaßnahmen (im räumlichen und funktionalen Zusammenhang) oder Ersatzmaßnahmen (nicht-funktionale, aber „gleichwertige“ Maßnahmen im räumlichen Zusammenhang) werden unter dem Begriff „Kompensation“ zusammengefasst. Diese Kompensationsmaßnahmen selbst müssen ebenfalls umfangreich geplant und abgestimmt werden, was durch uns koordiniert wird. Gepflanzt wird von einem Garten- und Landschaftsbauer, die fachliche Begleitung übernimmt in der Regel ein von uns beauftragtes Büro oder häufig auch direkt der Umweltbetrieb Bremen (UBB).
Nach der Herstellung muss sichergestellt sein, dass die Flächen langfristig gepflegt werden (langfristig heißt für die Dauer der Kompensationsverpflichtung – in der Regel sind das 30 Jahre oder dauerhaft). Dafür müssen Gelder bereitgestellt werden und Unterhaltungs- oder Ablöseverträge geschlossen werden.
Man sieht also: es gibt einiges zu tun!
Was ein wenig schade an meinem Arbeitsalltag ist, dass ich leider wenig Zeit finde, die Maßnahmen draußen zu begleiten. Ich brauche viel Zeit im Büro, um zum Beispiel Kartierungen und Gutachten zu erstellen oder zu prüfen, Angebote einzuholen und Ingenieur- oder Bauverträge zu schließen, Rechnungen zu prüfen und anzuweisen oder Abstimmungsgespräche zu führen und Besprechungsvermerke zu schreiben.
Manchmal werde ich gefragt, ob es für meine Kollegin und ich schwer sei, sich über Abteilungsgrenzen hinweg zu behaupten. Dies ist eigentlich nicht der Fall, denn in der Regel wissen unsere Kolleg:innen, dass sie den Planungsprozess eher beschleunigen können, wenn sie uns rechtzeitig und umfassend einbinden. Oftmals sind es die augenscheinlich „kleinen“ Maßnahmen, die aus umwelt-/naturschutzrechtlicher Sicht einer umfassenderen Bearbeitung und fachlichen Begleitung bedürfen.
Eines sollte man allerdings bei Infrastrukturmaßnahmen im Hinterkopf beachten: Ganz ohne Eingriffe in die Natur geht es nicht: Entweder eine Straßenbahnstrecke wird verlängert und dafür müssen Bäume weichen, oder der ÖPNV wird nicht weiter ausgebaut. Aber es ist schön, wenn man sieht, dass man für beide Seiten etwas Zufriedenstellendes geschaffen hat - dass die Infrastruktur verbessert wurde, während die naturschutzrechtlichen Vorgaben respektiert wurden.